In der Literatur finden sich zahlreiche Schilderungen ekstatischer Erlebnisse, die oft als Höhepunkte menschlicher Erfahrung dargestellt werden. Diese Erlebnisse werden häufig durch intensive Emotionen, spirituelle Offenbarungen oder tiefgreifende ästhetische Erlebnisse ausgelöst. Hier sind einige Beispiele für literarisch ekstatische Erlebnisse, die diese Themen behandeln:
1. Rainer Maria Rilke – "Duineser Elegien"
In Rilkes "Duineser Elegien" gibt es mehrere Passagen, die ekstatische Momente schildern. Besonders in der ersten Elegie beschreibt Rilke eine tiefe, existenzielle Erfahrung, die den Leser in eine ekstatische Stimmung versetzt:
"Wer, wenn ich schriee, hörte mich denn aus der Engel Ordnungen? und gesetzt selbst, es nähme Einer mich plötzlich ans Herz: ich verginge von seinem stärkeren Dasein."
Diese Zeilen reflektieren eine spirituelle Ekstase, die über das Menschliche hinausgeht und in das Göttliche reicht.
2. James Joyce – "Ulysses"
In James Joyce's "Ulysses" erleben die Charaktere Leopold Bloom und Stephen Dedalus Momente der Ekstase, oft vermittelt durch Bewusstseinsströme und innere Monologe. Ein berühmtes Beispiel ist die Schlussszene des Romans, in der Molly Bloom in einem ekstatischen Monolog ihre Gedanken und Gefühle ausbreitet:
"Yes I said yes I will Yes."
Dieser Monolog repräsentiert eine emotionale und sexuelle Ekstase, die durch die rhythmische und wiederholende Struktur der Sprache verstärkt wird.
3. Hermann Hesse – "Der Steppenwolf"
In Hesses Roman "Der Steppenwolf" findet der Protagonist Harry Haller während eines magischen Theaters eine Art spirituelle und existenzielle Ekstase. Besonders eindrücklich ist seine Begegnung mit Hermine und Pablo, die ihm eine Welt jenseits der bürgerlichen Existenz eröffnen:
"Dies alles fühlte ich, sah ich, hörte ich, in dieser einen wunderbaren Nacht, da ich ins magische Theater ging, hinein in die tiefsten Tiefen meiner eigenen Seele."
Haller erlebt hier eine Transformation und Erweiterung seines Bewusstseins, die als ekstatisch beschrieben werden kann.
4. Dante Alighieri – "Die Göttliche Komödie"
In Dantes "Die Göttliche Komödie" erreicht der Protagonist Dante am Ende des Paradiso einen Zustand der ekstatischen Glückseligkeit, als er schließlich Gott sieht:
"All'alta fantasia qui mancò possa; ma già volgeva il mio disio e 'l velle, sì come rota ch'igualmente è mossa, l'amor che move il sole e l'altre stelle."
Dieser Moment beschreibt die ultimative Ekstase der Vereinigung mit dem Göttlichen und der Erleuchtung.
5. Virginia Woolf – "To the Lighthouse"
Virginia Woolf schildert in "To the Lighthouse" die ekstatische Erfahrung von Lily Briscoe beim Malen. In einem Moment der Klarheit und Kreativität fühlt sie sich eins mit ihrer Kunst und der Welt um sie herum:
"She looked at the steps; they were empty; she looked at her canvas; it was blurred. With a sudden intensity, as if she saw it clear for a second, she drew a line there, in the centre. It was done; it was finished. Yes, she thought, laying down her brush in extreme fatigue, I have had my vision."
Lily Briscoe erlebt hier eine künstlerische Ekstase, die aus dem tiefen Gefühl der Vollendung und des kreativen Ausdrucks resultiert.
Diese literarischen Schilderungen zeigen, dass Ekstase vielfältige Formen annehmen kann – sei es durch künstlerische Kreativität, spirituelle Einsicht oder existenzielle Erkenntnis. Sie alle gemein haben jedoch eine Intensität und Tiefe des Erlebens, die das Alltägliche übersteigt und in eine höhere Ebene des Bewusstseins führt.